Die violette Lilie
Aus den Chroniken des Widerstandes ” ... Meine Tage gehen dahin wie ein Schatten, und ich verdorre wie Gras ...” Aus den Schriften Lli’phllis
Mareikje Groß, Februar/September05/ Januar06
”Nein Arnoldo! Damit bin ich nicht einverstanden.” Fassungslos stand Fedora vor dem Mann. ”Warum nicht? Ich kenne genügend Leute, die Dich unterstützen könnten und es auch würden. Es ist kein Problem für mich, sie zusammen zu trommeln.” ”Das ist es nicht. Ich bin Dir für Dein Angebot auch wirklich sehr dankbar. Aber ... ich werde Dich bei dieser Sache nicht mitmachen lassen.” Sie schüttelte energisch ihren Kopf. ”Hör mir doch mal in Ruhe zu. Ich kenne die Gegend wie kein anderer. Ich weiß, wo wir unsere Lager aufschlagen können, ohne entdeckt zu werden ...” ”Nein.” ”... Ich weiß wem wir vertrauen können ...” Fedora ergriff zärtlich sein Gesicht. ”Nein.” ”Alleine schaffst Du das doch nicht ...” ”Nein.” Der Mann zog eine Augenbraue in die Höhe und blickte sie fragend an. ”Warum nicht? Was ist schon dabei? Meinst Du, Hijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 24 ich gehe weiterhin meiner Arbeit nach, als wüßte ich nicht, was hier passiert?” Fedora sah hilflos zur Seite. ”Estrelle! Bring Du ihn bitte zur Vernunft.” Die junge Frau hob hilflos ihre Hände. ”Als ob mein Mann auf mich hören würde.” ”He, was willst du damit sagen ...?” erwiderte Arnoldo in gespieltem Zorn. Seine Frau warf ihm daraufhin einen Kuß zu. ”Du mußt mir schon einen wirklich guten Grund für Deine Ablehnung nennen.” meinte er heiter. Fedora schloß kurz ihre Augen und nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte sah sie ihn so ernst an, wie noch nie. ”Du darfst hier nicht weg. Sieh Dich doch einmal richtig um, erkennst Du die Antwort auf Deine Frage dann nicht selber? Bleibe hier ... halte das Glück, welches Du erleben darfst, mit beiden Händen so fest wie Du nur kannst.” Fedoras Stimme wurde eindringlicher. ”Ich flehe Dich an, Arnoldo. Kommst du mit mir, wirst Du dieses Glück zerstören. Wenn die Soldaten herausbekommen, das Du mich unterstützt, kann es Dein Tod sein, ... und der Deiner Familie. Bis jetzt geht es Euch doch gut, niemand belästigt Euch, keiner weiß, das Ihr zu mir Kontakt habt, aber das kann sich sehr schnell ändern. Ich kann und ich will für Euer Unglück nicht verantwortlich sein. Ich nehme jeden anderen bei mir auf, aber verlange Du das nicht von mir.” Arnoldos Gesicht hatte, für seine Verhältnisse, eine ungewohnte Ernsthaftigkeit angenommen. Er löste Fedoras Hände von seinem Gesicht und hauchte ihr Liebevoll einen Kuß darauf. Dann verneigte er sich leicht und ging auf eine Tür zu. Bevor er ganz aus dem Zimmer verschwunden war, meinte er noch: ”Ich gehe packen, es wird nicht allzu lange dauern. Dann reiten wir los. Estrelle, kommst du?” Dann war er verschwunden. Fedora sah ihm ungläubig hinterher. ”Estrelle, hat er nicht verstanden, was ich zu ihm sagte?” Die junge Frau lächelte Fedora wissend an. ”Doch. Er hat Deine Worte nur zu gut verstanden. Und ich auch. Er wird mit Dir gehen, und dies ist auch mein Wunsch. Wenn Du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, mein Mann wartet auf mich.” Hilflos stand Fedora da, bis ein Räuspern sie herumfahren ließ. Hinter ihr stand die Hausherrin und winkte sie zu sich heran. Fedora hatte gar nicht mitbekommen, wie Gioconda das Zimmer betreten hatte. ”Komm, Kindchen. Wir wollen uns setzen.” Beide nahmen Platz und Fedoras Hände krallten sich Krampfhaft in die Oberschenkel. ”Hör mir gut zu. Auch ich habe Angst um meinen Sohn ...” Also hatte Gioconda alles mit angehört. ”... aber ich werde ihm nicht empfehlen, die Finger davon zu lassen. Er ist ein Mann, der genau weiß, was er will. Auch wenn es manchmal nicht den Anschein hat.” sie lachte.” Und im Moment möchte er gerne ein Wegelagerer sein. Ein Bandit, der mit Freuden die Truppen des MAGHANS überfallen wird.” ”Aber dies ist kein Spiel ...” ”Das weiß er. Du sprachst von dem Glück, welches er hat. Nun, das war in unserem Leben nicht immer der Fall, und im Moment verändern sich hier die Dinge. Ob zum Vorteil oder nicht können wir erst im Nachhinein beurteilen. Arnoldo ist ein Mensch, der den Frieden liebt, um so mehr wird er sich für dessen Erhalt einsetzen. Auch wenn das für ihn bedeutet, dafür kämpfen zu müssen und sein Hijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 25 Leben dabei zu Riskieren. Wir akzeptieren seine Entscheidung, tue Du es auch.” ”Ich ...” ”Was ist los mit Dir? Ich sehe doch, das Dir etwas schwer auf der Seele liegt. Etwas, das mit Arnoldo nichts zu tun hat. Willst Du Dich nicht der alten Gioconda anvertrauen?” Der Blick, mit dem sie die Agia ansah, war voller Liebe und Wärme. Fedora schluckte schwer und schlug die Augen nieder. Wie gebannt starrte sie auf ihre Hände, die sich mittlerweile durch ihre Hose tief in die darunter befindliche Haut eingegraben hatten. Nein, sie konnte sich ihr nicht anvertrauen. Konnte ihr nicht sagen, wie sehr sie der Verlust von Fiona schmerzte. Wie ihr Innerstes jeden Tag ein Stück mehr erkaltete. Das sie jede Nacht von Träumen gequält wurde, in denen sie ihre Tochter in den Armen hielt und aus denen sie ihr jedesmal entrissen wurde. Das sie Nacht für Nacht nach ihr weinte. Dieser schmerzliche Verlust hatte sie die Entscheidung treffen lassen, Leute um sich zu scharren, mit denen sie geordneter und vor allem gut geplant die Truppen des Feindes überfallen konnte. Der Widerstand in Tizio lief bestens und sie wurde hier nicht mehr allzu häufig gebraucht, so war sie für andere Aufgaben bereit. Verpflichtungen, welche sie sich selbst auferlegt hatte. Fedora wollte ein Zeichen setzen, die Legionäre sollten wissen, wem sie die ganzen Überfälle zuordnen konnten. Auch die sollten nicht vergessen. So hatte sich Fedora als Symbol ihres Kampfes die violette Lilie ausgesucht. Jene Pflanze, welche sie für immer an den Verlust ihrer Tochter erinnern sollte und für die sie mit ihrer ganzen Kraft in diesen Kampf zog. Aber, und dies gestand sie sich selber ein, hatte auch Angst davor, erneut einen Menschen zu verlieren, welcher ihr ans Herz gewachsen waren. Fedora wußte nicht, wie sie bei einem weiteren schweren Verlust reagieren würde. Allerdings würde sie es ohne Hilfe nie schaffen. Die Frau blickte auf und schüttelte zur Verneinung auf Giocondas Frage ihren Kopf. ”Wie Du meinst. Aber ich bin immer für Dich da, das solltest Du wissen.” ”Dafür danke ich Euch.” ”Du wirst sehen, bald gehören Deine trüben Gedanken der Vergangenheit an.” \ Vorsichtig näherten sich die beiden vermummten Personen dem Landsitz der Familie Marinus. Nirgends war eine der Hauswachen zu erkennen und behende kletterte die kleinere der beiden Gestalten an einem Spalier die Hauswand hoch, schwang sich über die Balkonbrüstung und kam, ohne ein Geräusch zu verursachen, auf dem Steinboden auf. Flink schlüpfte sie durch die geöffnete Tür, sah sich kurz in dem Raum um und nickte zufrieden. Dann machte sie es sich auf einem Stuhl bequem und wartete. \ ”Ich habe noch etwas zu erledigen, meine Liebe. Warte nicht auf mich.” Parz gab seiner Frau einen Kuß und machte sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, stellte er die Kerze, welche er bei sich trug auf einem Tisch ab. ”Guten Abend, Medaz.” erklang eine Stimme hinter ihm. Der Angesprochene drehte sich um und erkannte, das sich eine dunkel gekleidete Gestalt von einem Stuhl erhob. Langsam kam diese näher und blieb etwa zwei Meter entfernt von ihm stehen, wobei sie ein Schwert in der Hand hielt, dessen Spitze auf ihn gerichtet war. Nun bot sich Medaz die Gelegenheit, den Eindringling genauer zu betrachten. Hijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 26 Ein schwarzer Hut, dessen vordere Krempe hochgebogen war, saß auf, durch ein Seidenband zusammengehaltenes Haar. Das Gesicht war von der Nase bis unters Kinn mit einem dunkelgrünem Tuch verhüllt. Der fast bis zum Boden reichende, offen getragene, Reisemantel bestand, wie die übrige Kleidung, aus schwarzem Stoff. ”Nun, wollt Ihr Euch nicht setzen?” meinte der Maskierte mit tiefer Stimme und deutete mit seinem Schwert auf einen Stuhl. Medaz kam diesem Befehl, denn eine Frage war es nicht, nach. Lässig nahm der andere auf dem sich davor befindenden Tisch Platz. ”Was kann ich für Euch tun?” fragte Medaz gelassen. ”Mir eine Frage beantworten.” ”Welche da wäre?” ”Auf welcher Seite steht Ihr?” Medaz blickte ein wenig verständnislos. ”Wie meint Ihr das?” Ein Geräusch vor der Tür ließ den Maskierten aufhorchen. ”Bleibt wo Ihr seid.” zischte er Medaz entgegen und war schon zur Tür geeilt. ”Parz, entschuldige ....” Marzella verspürte den Druck einer Klinge an ihrem Hals und verstummte. ”Wollt Ihr nicht ganz hereinkommen, meine Gute.” Bevor Marzella begriffen hatte, was hier geschah, wurde sie in das Zimmer hineingezogen und landete unsanft in den Armen ihres Mannes, der in der Zwischenzeit aufgesprungen war. Drohend kam der Maskierte näher. ”Wo waren wir?” meinte er, als wäre nichts geschehen. ”Ach ja, auf welcher Seite steht Ihr?” ”Was soll das ganze Theater? Ihr dringt in mein Haus ein, bedroht mich und meine Frau, und stellt mir Fragen, welche mich ermüden. Wer seid Ihr und was soll das Ganze!” ”Parz, Parz. Denkt Ihr denn, mir macht das ganze Spaß? Ich möchte nur von Euch hören, ob Ihr zum Reich des Feuers steht oder nicht.” ”Ich stehe auf Niemandes Seite.” fuhr Medaz sein Gegenüber an. ”So! Wie immer seid Ihr also Euch selbst am Nächsten.” Medaz kniff seine Augen zusammen. Etwas an dieser Person kam ihm bekannt vor. ”Parz ...” meldete sich Marzella zu Wort, welche sich immer noch an ihren Mann schmiegte. ”Jetzt nicht.” ”Nun, wäret Ihr vielleicht bereit, einmal in Eurem Leben auf der richtigen Seite zu stehen?” ”Auf der richtigen Seite?” ”Ja, auf meiner und der des Widerstandes. Helft uns im Kampf gegen die Legionäre.” ”Und wer sagt Euch, das dies die Richtige ist? Vergeßt es.” erwiderte Medaz spöttisch. ”Parz ...” ertönte abermals Marzellas Stimme. ”Ich sagte, nicht jetzt.” Seine Stimme klang gereizt. ”Dies ist bedauerlich. Nun denn, so möchte ich Euch nicht länger belästigen.” Der Maskierte zog sich Rücklings zurück. ”Verzeiht mein Eindringen.” Die Waffe wurde weggesteckt. ”Ich hätte Euch nie etwas angetan, das müßt Ihr mir glauben ...” Dabei deutete er mit einem Finger auf den Hals von Marzella. ”Wartet” rief Marzella. Sie löste sich aus den Armen ihres Mannes und ging langsam auf die Gestalt zu. ”Ich würde mich Euch gerne anschließen.” ”Marzella!” rief Medaz entgeistert. ”Was Hijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 27 soll das?” ”Ich möchte gerne helfen. Schließlich schulde ich ihr noch etwas. Und du auch, mein Lieber.” ”Wem?” ”Der Agia, du Dummkopf. Hast du sie denn nicht erkannt?” Medaz stand da, wie vom Donner gerührt. Aber natürlich, deshalb kam ihm diese Person so bekannt vor. Aber warum hatte sie sich ihm nicht zu erkennen gegeben? Fedora zog sich grinsend das Tuch herunter. ”Was hat mich verraten?” ”Nichts.” antwortete Marzella. Geheimnisvoll flüsterte sie Fedora zu: ”Ich habe Euch schon erwartet.” Nun war es an Fedora, erstaunt zu schauen. ”Erwartet? Ihr – mich?” ”Ja. Bitte hört mich an. Ich kann und will Euch die genauen Umstände meiner Entscheidung nicht erklären, aber seid versichert, das ich Euch helfen werde.” ”Warum schleicht Ihr wie ein Dieb in mein Haus und spielt diese groteske Komödie? Und was soll das heißen, du schließt dich der Widerstandsbewegung an?” Medaz blickte zu den beiden Frauen hinüber. Waren den hier alle von Sinnen? ”Dafür danke ich Euch. Ihr ahnt nicht, wie sehr mich Eure Unterstützung freut. Mich würde aber trotzdem Interessieren, was Euch zu diesem Schritt bewogen hat?” Fedora ließ sich von Medaz nicht ablenken. ”Ich werde es Euch eines Tages genau erklären. Betrachtet es in der Zwischenzeit einfach als kleines Dankeschön dafür, das ihr mir und meiner Tochter beigestanden habt. 1 Ich hatte bis jetzt noch nicht die richtige Gelegenheit dazu.” ”Ihr wißt, auf was Ihr Euch da einlaßt?” 1 Siehe: Follow 390, Gesprengte Ketten 3, ”Auf Messers Schneide” ”Aber gewiß.” ”Nun, eigentlich hatte ich auf die Unterstützung Eueres Mannes gehofft. Meint Ihr, er wird es mir noch lange nachhalten, das ich ihn so erschreckt habe? Ich dachte, wenn er mich nicht sofort erkennt ...” ”Marzella!” Seine Stimme wurde immer zorniger. ”Ich glaube nicht. Lassen wir ihm einige Stunden Zeit, dann hat er sich beruhigt. Kommt,” Marzella berührte Fedoras Arm und zog sie aus dem Zimmer. ”Wir suchen uns einen Ort, an dem wir uns ungestört Unterhalten können. Ich denke, wir haben eine Menge zu besprechen.” ”Marzella, wenn du jetzt das Zimmer verläßt ...!” Doch schon waren die Beiden verschwunden. ”He,” rief Medaz den Frauen mehr als schlecht gelaunt hinterher, hob dann seine Arme und verschränkte sie schließlich resignierend vor seine Brust. ‘Weiber. Frage sie bloß nie nach dem Sinn ihrer Handlungen.‘ Was war bloß in diese Priesterin gefahren, das sie sich so merkwürdig benahm. Und mir seiner Frau hatte er auch noch ein ernstes Wörtchen zu reden. Er schüttelte den Kopf und nachdem er noch einmal tief durchgeatmet hatte begab er sich nach draußen, wobei er suchend über die Brüstung starrte. ”Kommt ruhig herein und seid mein Gast, Gaetano.” rief er hinunter. \ Schon von weitem war das herannahen eines Transportes zu hören. Mit gleichmäßigem, trägem Schritt zogen die Armadillos 2 ihre schwere Last, welche sich in Einachsigen Karren befanden, hinter sich her. Die Soldaten hatte sich mit Medaz getroffen, welcher vorher die bei ihm in 2 Armadillo: Ein, ca. 3 Meter langer, Verwandter des Gürteltieres. Wird für den Transport von schweren Lasten eingesetzt. Hijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 28 Auftrag gegebenen Waffen aus einer seiner geheimgehaltenen Schmiedewerkstätten geholt hatte und nun befanden sie sich auf dem Rückweg nach Tizio. \ Fedora blickte sich um. Ihre Männer lagen versteckt am Wegesrand. Sie gab Gaetano und Arnoldo ein Zeichen und alle drei robbten rückwärts zu ihren Pferden. ”Bereit?” ”Bereit, wenn du es bist.” Sie schwangen sich auf den Rücken ihrer Tiere. ”Also denn. Für die Freiheit.” ‘Für Fiona.‘ \ Medaz ritt zusammen mit Mamercus an der Spitze des Waffentransportes, in ein Gespräch über die Vor.- und Nachteile verschiedener Waffen vertieft, als vor ihnen plötzlich eine Gestalt auftauchte. Langsam kam diese immer näher, bis sie, nur noch wenige Meter entfernt, anhielt. ”Was zum ...” begann Mamercus. Der Maskierte griff sich an den Kopf und zog seinen Hut mit einer Eleganten Bewegung herunter, um ihn dann, in der Geste einer Begrüßung vor der Brust ruhen zu lassen. Seine Kleidung konnte man als sehr geschmackvoll bezeichnen, aber für einen einfachen Dieb ungeeignet. ”Willkommen.” rief ihnen der Maskierte zu. ”Wären Sie bitte so freundlich, uns Ihre Waffen zu überlassen!” Mamercus sah zuerst erstaunt, danach belustigt zu dieser Person, dann auf Medaz. ”Ich regle das.” meinte Parz wie zur Antwort. ”Ganz wie Ihr wollt.” erwiderte der Hoendis knapp. Medaz gab seinem Tier einen Tritt in die Seite und es setzte sich in Bewegung. ”Was sollte uns dazu veranlassen,” rief er dabei. ”Nun, vielleicht dies hier!” Der Maskierte stieß einen Pfiff aus und rechts und links des Weges erschienen weitere vermummte Personen aus dem Gewirr der Sträucher. Sie spannten ihre Bögen und zielten auf die Begleiter des Transportes. Mamercus sah sich um, und erkannte sogleich, das diese Banditen ihnen Zahlenmäßig unterlegen waren, aber er hatte gelernt, das dies nicht viel zu bedeuten hatte. ”Hätten Sie nun die Liebenswürdigkeit uns die Waffen zu übergeben. Wir wollen doch unnötiges Blutvergießen vermeiden .... Nicht das es mir keine Freude machen würde, einen Legionär dahin zu befördern, wo er hingehört, aber ... man muß dann immer seine Kleidung von den Blutflecken reinigen und auch noch die entstandenen Löcher flicken lassen. Das ist so lästig.” Die Gestalt berührte einen seiner Ärmel und schnippte einen nicht vorhandenen Schmutzfleck davon. Danach setzte sie den Hut wieder auf und ritt näher heran. Mamercus wendete sein Pferd und erkannte, das sich hinter ihnen weitere Maskierte zu Pferd näherten. Er gab seinen Legionären ein Zeichen, welche sich daraufhin Kampfbereit machten. ”Nun gut.” Die Gestalt vor ihnen hob den rechten Arm. ”Ihr habt es nicht anders gewollt, Legionär.” Das letzte Wort wurde förmlich ausgespien. Der Arm schnellte nach unten und Pfeile verließen ihre Bögen. Sie verfehlten ihr Ziel nicht. Medaz hatte seine Waffe gezogen und stürmte nach vorne. Er kam schnell näher, sein Körper spannte sich, beim Maskierten angekommen ließ er sich zur Seite fallen und durch den Schwung, den er dabei entwickelte, fielen Beide zu Boden. Indes waren hinter ihm alle AnwesenHijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 29 den in einen Kampf verwickelt. ”Nun, wo wollt Ihr Eure Wunde hin haben, mein Lieber?” fragte Fedora belustigt, nachdem sie aufgestanden war. ”Dies war nicht Teil unserer Abmachung.” Medaz hielt ihr seine Waffe entgegen. ”Es ist schon schlimm genug, das ich mich von Euch hierzu überreden ließ.” Mit Fedora in einer Höhle festzusitzen und sich zu betrinken, oder sich um sie zu kümmern, wenn sie krank war, war etwas vollkommen anderes als dies hier. Und da spielte es auch keine Rolle, wie sehr er sie liebte. Selbst für ihn gab es Grenzen. ”Aber bedenkt, wie aufopfernd sich Eure Frau um Euch kümmern wird, wenn Ihr mit einer klitzekleinen Wunde nach Hause kommt.” Aus dem Tonfall ihrer Stimme hörte er genau heraus, das sie grinste. Metall schlug auf Metall. Beide schenkten sich nichts und der Kampf sah mehr als Echt aus. Fedora duckte sich unter einem Hieb des Mannes hinweg, wirbelte herum und schlug ihm die flache Seite ihrer Klinge an den Hintern. Medaz stolperte wütend herum, wunderte sich jedoch, wie gut Fedora ihre Waffe führte. Eine Absprache wäre nicht von Nöten gewesen. Wie konnte er ahnen, das Fedora sich genau so wunderte. Ihr kam es vor, als hätte sie in ihrem Leben nie etwas anderes getan, als eine Waffe zu führen. Kurz gestattete sie sich einen Blick auf das andere Kampfgeschehen und erkannte, das Gaetano mit dem Hoendis beschäftigt war. Medaz attackierte sie erneut, doch es war für sie ein leichtes, diesen Schlag abzuwehren. So kämpften sie eine Weile, bis es Fedora schließlich gelang, seine Deckung zu durchbrechen. Ihre Klinge bohrte sich zu Medaz Verwunderung in seine Schulter. Er stolperte und sank vor ihr auf die Knie, woraufhin ihm Fedora seine Waffe aus der Hand trat, welche im hohen Bogen davon flog. ”Hat Euch schon mal jemand gesagt, das Ihr total wahnsinnig seid!” keuchte er angestrengt. Ihr Gesicht näherte sich dem seinen. Belustigt meinte sie nur: ”Das wagt sich niemand.” Fedora zog ihre Klinge aus seiner Wunde und beugte sich dann ganz zu ihm hinunter. ”Gute Besserung ... und vielen Danke.” Sie hob ihre Hand und mit dem Schwertknauf schlug sie ihm gegen seine Schläfe. Sofort sank er bewußtlos zu Boden. Sie griff in ihre Innentasche, zog eine violette Lilie hervor und nachdem sie sich vergewissert hatte, das seine Wunde harmlos war, drapierte sie diese liebevoll auf den vor ihr liegenden Körper. Danach stürzte sie sich auf die verbliebenen Soldaten. \ Gaetano war es in der Zwischenzeit gelungen, den Hoendis Mamercus unschädlich zu machen. Seine Wunden würden ihn nicht umbringen, er würde und sollte am Leben bleiben. So konnte Mamercus noch einen vollständigen und korrekten Bericht abliefern. Denn es war erforderlich, das er seinem Vorgesetztem mitteilte, das Medaz wie Versprochen die bei ihm bestellten Waffen überbracht hatte. \ Wenig später ritten Fedora und die anderen ihrer Bande auf die Küste zu. Dort wartete ein Segler, welcher einen Teil der Beute nach Nga Nova schaffen sollte. Alles hatte hervorragend geklappt und auf ihrer Seite gab es keine Verluste. Dem äußerem Anschein nach befanden sich alle in Hochstimmung. Der erste große Überfall der violetten Lilie hatte hervorragend funktioniert. Fedora sah zu Gaetano hinüber, dem Hijklmnopqrsb PQRS\abcdefij Gesprengte Ketten Seite 30 man selbst unter seiner Maskierung das mürrische Gesicht ansehen konnte. ”Das hat Spaß gemacht.” rief sie ihm zu. ”Spaß?!” Gaetano hörte wohl nicht recht? Er schüttelte seinen Kopf. ”Unter Spaß stelle ich mir etwas anderes vor.” ”Ach, was du immer hast.” meinte die Frau ungehalten. ”Es lief doch alles bestens.” ”Das wird sich Medaz auch denken.” erwiderte Gaetano sarkastisch. ”Er soll doch nicht in Verdacht geraten, oder.” Gaetano sagte dazu besser nichts. Er mochte diesen Kerl zwar nicht, aber das hatte nicht sein müssen. \ Der D‘ascas tobte. Er schmiß den Stapel mit den Berichten auf seinen Tisch. Schon wieder hatte es einen Überfall gegeben. Der ganze Trupp hatte sein Leben verloren, nur Mamercus und diesen Medaz hatte man, zwar verwundet, aber dennoch Lebend, vorgefunden. Corvin ging ruhelos in seinem Zimmer auf und ab. Wo sollte er auf die schnelle neue Waffen her bekommen? Es würde einige Wochen dauern, erneut welche schmieden zu lassen. Die Versorgung aus der Heimat wurde auf das nötigste beschränkt, und er mußte zusehen, wie er ausreichend Nachschub für seine Truppen organisierte. Diese Widerstandsbewegung bereitete ihm mehr Ärger, als er am Anfang gedacht hatte. Und nun war auch noch ein neuer Feind aufgetaucht. Er mußte einfach herausfinden, wer hinter dieser violetten Lilie steckte